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Hager Group, E3/DC und Audi testen bidirektionales Laden in der Praxis

Ein zweijähriger Feldtest zeigt: Durch Vehicle-to-Home-Technologie steigt die Autarkie von Haushalten um über 50 %. Hager Group, E3/DC und Audi liefern praxisnahe Erkenntnisse zur Integration von Elektrofahrzeugen ins Heimsystem.

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Dr. Anna Schmidt

Energieexpertin mit Fokus auf erneuerbare Energien und Speichertechnologien.

Hager Group, E3/DC und Audi testen bidirektionales Laden in der Praxis

Osnabrück, November 2025 – In einem über zwei Jahre laufenden Feldtest haben die Hager Group, der Heimspeicherhersteller E3/DC und der Automobilkonzern Audi die Alltagstauglichkeit des bidirektionalen Ladens untersucht. Das Projekt mit zehn Testhaushalten zeigte: Durch die Integration von Fahrzeugbatterien in das heimische Energiesystem konnte die Energieautarkie im Schnitt um mehr als 50 % gesteigert werden. Besonders in Übergangszeiten wie Frühjahr und Herbst trug die Technologie dazu bei, den Strombedarf der Wärmepumpe zu decken und die Eigenversorgung deutlich zu erhöhen.

Zusammenspiel von Fahrzeug, Wallbox und Hauskraftwerk

Im Zentrum des Projekts stand ein Audi e-tron als Elektrofahrzeug, eine eigens entwickelte bidirektionale DC-Wallbox sowie das kommerzielle Hauskraftwerk von E3/DC mit integrierter Vehicle-to-Home (V2H)-Schnittstelle. Ziel war es, das bidirektionale Energiemanagement im realen Betrieb zu evaluieren, technische Herausforderungen zu identifizieren und Optimierungspotenziale im Zusammenspiel zwischen Ladeinfrastruktur, Photovoltaik, Hausspeicher und Fahrzeugbatterie zu erschließen.

Insgesamt wurden im Projektverlauf mehr als 7000 Kilowattstunden aus Fahrzeugbatterien ins Hausnetz oder in den stationären Speicher zurückgespeist. Das entspricht dem durchschnittlichen Strombedarf eines Einfamilienhauses über zwei Jahre – oder einer Fahrleistung von rund 30.000 Kilometern mit dem Audi e-tron.

Nutzerverhalten als Schlüsselfaktor

Ein wesentliches Ziel war die Analyse des Nutzerverhaltens. Im Schnitt verbanden die Teilnehmer ihre Fahrzeuge an 60 Prozent der Tage mit der Wallbox – insbesondere an Tagen mit erwarteten hohen PV-Erträgen. Diese Regelmäßigkeit ist entscheidend für den Nutzen des bidirektionalen Ladens: Nur wenn das Fahrzeug regelmäßig am Netz ist, kann das Energiemanagementsystem (EMS) flexibel entscheiden, ob Solarstrom ins Auto, in den Hausspeicher oder direkt in den Haushalt fließt.

„Bidirektionales Laden ist eine Schlüsseltechnologie für die Energiewende“, betont Ulrich Reiner, Innovationsverantwortlicher der Hager Group. „Der Feldtest hat gezeigt, dass Autobatterien echten Mehrwert für Haushalte und das Energiesystem bieten können. Gleichzeitig wird deutlich, wie wichtig einfaches Handling und intelligente Steuerungsalgorithmen für die Akzeptanz sind.“

Softwareintegration als Herausforderung und Erfolgsfaktor

Technisch lag ein Schwerpunkt auf der Weiterentwicklung der Hauskraftwerks-Software. Die vorhandene Plattform wurde um V2H-Funktionalitäten erweitert und in das bestehende EMS integriert. Im Projektverlauf sammelten die Partner über zehn Terabyte an Daten – darunter Ladeprofile, Energieflüsse und Nutzerinteraktionen. Diese Daten bildeten die Grundlage für die Optimierung der Steuerungslogik.

Besonderes Augenmerk lag auf der Priorisierung von Ladevorgängen: In sonnenreichen Zeiten wurde bevorzugt die Fahrzeugbatterie geladen, während in Verbrauchsspitzen Strom ins Hausnetz zurückfloss. Das bidirektionale System diente damit sowohl als Langzeitspeicher für PV-Überschussstrom als auch zur Netzstützung im Kleinmaßstab.

Branchenrelevanz und Ausblick

Die Ergebnisse des Feldtests verdeutlichen, welches Potenzial in der Sektorkopplung von Mobilität und Stromversorgung liegt. Vor allem in Kombination mit Photovoltaik und Wärmepumpen kann bidirektionales Laden zu einer spürbaren Entlastung der Stromnetze beitragen.

Für die PV-Branche eröffnet sich ein neues Geschäftsfeld: Die Integration von Fahrzeugen als mobile Stromspeicher könnte Heimspeicher ergänzen oder ablösen – sofern eine nutzerfreundliche, standardisierte Anbindung gelingt.

„Unsere Vision ist das Elektroauto als aktiver Teil des Energiesystems“, so Reiner. „Der Strom kommt nicht nur aus dem Auto, sondern das Auto wird Teil des Hauses.“

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